2017-12-11

Sean Bonner: Misanthropologie auf der Fastlane von L.A. nach Tokio

Sean Bonner

#rp18 speaker Sean Bonner; photo credit: Sean Bonner

In unserer Reihe "Urgesteine der internationalen Blogosphäre" (dazu gehören die re:publica-SpeakerInnen Heather Armstrong, Maciej Ceglowski, Cory Doctorow oder Peter Glaser) freuen wir uns riesig, Sean Bonner das zweite Mal nach 2008 ("Taking back local media") begrüßen zu dürfen.

Sean Bonner ist Gründer und Global Director des Umweltdaten-Aggregatoren Safecast. Bei dem Projekt als Berater dabei sind unter anderen auch Joi Ito, der dem #rp-Publikum recht bekannte Ethan Zuckerman sowie Maker par excellence Bunnie Huang. Aktuell forscht Bonner am Center for Civic Media des MIT Media Lab sowie an der Keio University Tokyo und ist als Berater und Mentor für die Singularity University tätig.

Seine Umtriebigkeit, globales Denken und lokales Handeln zieht sich als Kennzeichen durch die gesamte Laufbahn: Als einer der "Väter" des Citizen Journalism-Netzwerkes "Metblogs" hat Sean Bonner verschiedene lokale Blogs weltweit miteinander verbunden -und selbst regelmäßig für BoingBoing geschrieben.Seine Kreativität schlägt sich auch außerhalb des geschriebenen Wortes wieder: Er hat die ersten Ausstellungen der
Streetart-Koryphäen Shepard Fairey and Space Invader nah L.A. gebracht -und Albumcover für die südafrikanische Band Die Antwoord designt. Darüber hinaus war er Curator in Residence im Museumsquartier Wien, wo er unter anderem eine Ausstellung zu Barcodes umsetzte.

Berühmt-berüchtigt ist auch sein Newsletter, für den wir unbedingt eine Subskriptionsempfehlung aussprechen. Seine letzte Bandformation mag Geschichte sein – geshouted und geranted wird dafür ausreichend in den monatlichen Editionen, gespickt mit Links und Netzästhetik (Mehr zum Newsletter hier). Vielleicht gerade aufgrund der vielen unterschiedlichen sozialen und kulturellen Anknüpfungspunkte nennt sich Bonner einen "Misanthropologen". Andere beschreiben den Macher als "subkulturellen Hellseher an der Schwelle von Technologie und gesellschaftlichen Trends". Aufgewachsen zu den anarchistischen Hymnen der Punkrockszene tendierte Bonner schon früh zum "make or break"-Ethos. Heute klingt das alles ein bisschen zahmer und immer noch sehr kalifornisch, obwohl Bonner mittlerweile in Tokio lebt und forscht. Bonner sagt: "Ich arbeite gerne an Projekten, die die Menschen zu Eigenverantwortung befähigen." Am besten versteht man diesen Ansatz durch Safecast.

Der Aggregator Safecast wurde als Reaktion auf das Reaktorunglück 2011 im japanischen Fukushima gegründet. Sein Zweck ist es, Kernstrahlung und andere aerogene Schadstoffe zu überwachen, zu sammeln und als offene Datensätze jeder und jedem zur Verfügung zu stellen. In Form von Hardware und Software sowie Reports gibt man so BürgerInnen auf der ganzen Welt Informationsquellen an die Hand. Einerseits soll so das Messnetz dichter gemacht werden, andererseits ist es gesundheitsrelevant und auch ein Stück Selbstwirksamkeitserfahrung: als verifizierbare Alternative zu staatlichen Umweltdaten.

Die Idee – wenngleich älter als die Präsidentschaft Trumps –  verwundert nicht in einer Ära, in der Regierungen Förderungen aus der Forschung abziehen und alternative Wahrheiten propagieren. Und es passt hervorragend ins Programm der re:publica. Schon letztes Jahr hatten wir im Zuge von sub:marine einen Schwerpunkt zu Sensoren und anderen Datenerhebungsmethoden mit Smart Ocean – der Ozean als Datenlieferant und Raum für technologische Innovation. Es ging darum, wozu Daten in der Wissenschaft genutzt werden und dass neben Temperaturen und Plastikpartikeln auch akustische Meeresverschmutzung gemessen werden kann. 

Neuerdings wird von Safecast neben Strahlungswerten (längst auch außerhalb Japans) auch Luftverschmutzung durch Feinstaub gemessen (siehe auch hier). Bildgebende Verfahren interessieren Sean Bonner übrigens auch auf ganz klassische Weise. Sehen können wir das an seinem Instagram-Account. Wir freuen uns jetzt schon auf die Slidedecks auf der #rp18!

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Wissenschaftsjahr 2018 – Arbeitswelten der Zukunft

Das Wissenschaftsjahr 2018 widmet sich dem Thema Arbeitswelten der Zukunft. Durch die Digitalisierung, alternative Arbeitsmodelle und die Entwicklung künstlicher Intelligenz stehen Forschung und Zivilgesellschaft vor neuen Chancen und Herausforderungen: Wie werden die Menschen in Zukunft arbeiten? Wie machen sie sich fit dafür? Und welche Rolle spielen Wissenschaft und Forschung bei der Gestaltung eben dieser neuen Arbeitswelten? Das Wissenschaftsjahr 2018 zeigt, welchen Einfluss technische und soziale Innovationen auf die Arbeit von morgen haben – und wie diese nicht nur den Arbeitsalltag verändern, sondern auch neue Maßstäbe im gesellschaftspolitischen Dialog setzen. "Erleben. Erlernen. Gestalten." – unter diesem Motto werden Bürgerinnen und Bürger im Wissenschaftsjahr 2018 dazu aufgerufen mit zu machen, neue Fragen zu stellen und gemeinsam Lösungsansätze zu finden.

Die Wissenschaftsjahre sind eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit Wissenschaft im Dialog (WiD). Sie tragen als zentrales Instrument der Wissenschaftskommunikation Forschung in die Öffentlichkeit und unterstützen den Dialog zwischen Forschung und Gesellschaft. 

Wissenschaftsjahr 2018 - BMBF