2018-05-04

Was sich eine Libyerin aus re:publica macht

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Photo Credit: Melina Jana Harzer

Dalia Gazah für Shifted News

Als ich meinen ersten Fuß auf das re:publica 18 Gelände setzte, habe ich realisiert was für ein kompletter Außenseiter ich war. Unwissend, nichtsahnend, stand ich nun vor einer von so vielen Türen, die alle weit offen für mich standen. Ich war verblüfft, so viele Möglichkeiten so nah und greifbar vor mir zu spüren. Ich musste einfach nur hinüber laufen und mich entscheiden. Egal, ob es darum ging neue Trends kennenzulernen, mir neues Wissen anzueignen, oder mich einfach mit einem der re:publica SprecherInnen zu unterhalten, die alle bahnbrechend in ihrem Feld unterwegs sind.

Während die Menschen um mich herum re:publica sahen, sah ich Chancen, Gleichberechtigung und Entscheidungsfreiheit. Etwas, was mich besonders getroffen hat, war, dass einfach alles möglich war. Die Chancen erschienen mir als endlos. Dies war für mich nicht immer so. In Libyen sind die Anzahl der Chancen, die eine Person hat, fast immer limitiert. Nicht jeder hat das Privileg, Zugang zu dem neuesten Equipment, den neuesten Techniken und unpublizierten Daten zu haben. Und jetzt stand mir all dies zur Verfügung, alles unter einem Dach. Sich diese zahlreichen Möglichkeiten nur vorzustellen ist für jede Libyerin oder jeden Libyer, der so etwas noch nicht mitmachen durfte, einfach unbegreiflich.

Als ich kurz davor war, das re:publica 18 Gelände zu verlassen, bemerkte ich, dass ich mit Ehrfurcht und Freunde geradezu erfüllt war. Ich hatte mich selber völlig damit überfordert, meine Liste mit Sprechern abzuarbeiten, denen ich unbedingt zuhören wollte. Ich habe mir viel zu viel vorgenommen, aber trotzdem noch Zeit gefunden, mich kurz hinzusetzen und auf mich wirken zu lassen, wo ich gerade war. Ich hätte unglaublich gerne meine Freunde zuhause angerufen, nur hätten diese wahrscheinlich nie verstanden, was für eine Wirkung ein Ort oder ein Event wie Republica auf mich hatte. Sie hatten es ja selbst nie erlebt. Es war ein Moment, in dem mich die Wirklichkeit traf, und sie traf mich schwer.