2018-05-02

Wie Soziale Medien den Soundtrack deiner Stadt entstehen lassen

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Photo credit: Melina Jana Harzer

Diana Figueroa für Shifted News

Markus Schwarzer ist der Gründer von Groovecat, einer App, die es NutzerInnen ermöglicht, die schönsten “Musik-Momente” ihres Lebens durch Fotos und Musik darzustellen - diese Momente, in welchen die Musik einfach perfekt zur gegenwärtigen Umgebung passt. In der Diskussionsrunde 'Music, Data and the City: Towards Smart Music Cities' diskutiert er mit Stadt- und Technologieentwicklern über die Frage, wie Musikstädte effizienter, lebenswerter und smarter werden können.

Inwiefern siehst du Musik und Städte verbunden?

Wir haben darüber in letzter Zeit echt viel gesprochen, weil wir aus Mannheim kommen. Wenn man sich so die Musikstadt Mannheim anschaut, findet man eine sehr eigene Musikszene. Sie ist sehr Drum&Bass-lastig, mit sehr viel britischer Musik. Und dann hat man noch all diese anderen Städte, wie Stuttgart, was eine richtige Hiphop-Stadt ist. Hamburg ist bekannt für Indie und teilweise auch Hiphop. Berlin natürlich für Techno - also denke ich schon, dass Musik ein grossen Einfluss auf die Identität einer Stadt hat, und auch darauf, wie sich eine Stadt selbst sieht.

Erzähl’ uns von deiner App, Groovecat, und dessen Anfänge. Was hat euch dazu gebracht Musik mit Photos und Städten zu verbinden?

Wir haben eine App entwickelt, mit der du Musik-Momente festhalten kannst, also das Gefühl, wenn die Musik perfekt zu deinem Moment passt. Du bekommst das Gefühl “Wow, das ist der Soundtrack zu meinem Leben.” Du siehst dich selbst wie im Film. Wir versuchen unseren Nutzerinnen und Nutzern eine Kombination aus Musik und den daraus entstehenden Emotionen zu geben. Das ist etwas, das in den Sozialen Netzwerken noch keiner macht, aber das soviel bedeutet. Es ist aufregend zu sehen, wie unsere Nutzerinnen und Nutzer die App benutzen und was sie mit ihnen macht. Im Gegensatz dazu sich Snapchat- oder Instagram-Stories anzusehen, bei denen ich darstelle “was ich gerade mache”, geht es bei Groovecat darum “was ich gerade fühle, während ich es mache”.

Wie sucht ihr die passenden Songs zu den Bildern der NutzerInnen aus?

Du suchst das Foto nicht selber aus. Es passiert eher von alleine. Es ist so: Du hast einen dieser Momente, der ausschlaggebende Moment, in dem du dein Smartphone herausholst und diesen Moment einfängst. Es ist natürlicher mit einem Lied, das du nicht kennst. Wir sehen wie direkt und ehrlich die Nutzung der User ist. Es hat uns immer sehr bewegt, dass es in den Sozialen Medien nie okay war negative Gefühle zu zeigen. Es hat uns berührt zu sehen, dass unsere App das ermöglicht. Das ist das schöne an Musik. Sie ermutigt Menschen dazu ehrlich über ihre Gefühle zu sein und zu zeigen wie sie sich wirklich fühlen.

Was glaubst du wie Technologie- und StadtentwicklerInnen mit Leuten wie dir aus der Musikindustrie zusammenarbeiten könnten, um intelligente Musikstädte zu entwickeln, sie sozialer zu machen und lebenswerter?

Es gibt Millionen Möglichkeiten, bei denen Technik angewandt wird und wo Entwicklerinnen und Entwickler mit Kreativen zusammen arbeiten. Ich habe das erst kürzlich gesehen, als Menschen dazu bewegt wurden, eher die Treppe zu benutzen als den Fahrstuhl. Das haben sie ziemlich schlau angestellt, indem sie nämlich das Erlebnis Treppen zu benutzen verbesserten. Worum es eigentlich geht, ist die Verbindung des Erlebens von Musik mit einer Stadt und  die Verbesserung der Infrastruktur, indem Menschen durch Musik oder kreative Erlebnisse gelenkt werden.  

Meinst du Berlin gilt schon als intelligente Musikstadt? Wenn nicht, wie könnte es eine werden?

Ich würde nicht sagen, dass Berlin schon als intelligente Musikstadt bezeichnet werden kann. In Berlin verlaufen die Dinge was das betrifft seit 50 Jahren gleich. Wenn man sich zum Beispiel Musikevents anschaut, dann sieht man, dass noch niemand auf die Idee kam, das insgesamt zu verbessern. Genauso wie mit den Tickets: Es wurde einfach eins-zu-eins vom Analogen ins Digitale übertragen. Natürlich gibt es ein paar Startups, die versuchen das Erlebnis vor dem eigentlichen Event zu verbessern. Aber ich weiß nicht, ob das bereits genügend Leute mitbekommen und die Stadt Berlin sollte diese Startups unterstützen, um die Events als Ganzes zu verbessern.

Was erwartest du von deiner Diskussionsrunde auf der re:publica?

Die Diskussionspartner sind Stadtentwicklerinnen und -entwickler und ich komme aus der Musik- und Data-Ecke. Ich denke wir werden uns in der Mitte treffen. Die größten Themen werden Infrastruktur und Mobilität sein. Nur so kann eine Stadt funktionieren. Wenn man den Index der lebenswertesten Städte betrachtet, dann sieht man, dass es einige unkontrollierbare Faktoren wie Wetter oder Naturkatastrophen gibt. Man sieht aber, dass die wichtigsten Faktoren die Kontrollierbaren, wie Infrastruktur sind. Berlin ist im Vergleich hoch eingestuft, aber wie man das noch verbessern kann wird bestimmt ein großes Thema sein. Zum Beispiel für Musikevents, wie das Lollapalooza, das Chaos der öffentlichen Verkehrsmittel und wie man Massen optimal durch die Stadt lenkt.

Und was von dem Publikum?

Die Leuten kommen vor allem zu unserer Diskussionsrunde, um zu erfahren was überhaupt möglich ist, weil bis jetzt noch nicht sehr viel in die Realität umgesetzt wurde. Sie sollen eine Ahnung von ihren Möglichkeiten bekommen und wenn sie schlau sind, dann wenden sie diese auf die Städte an, aus denen sie kommen. Mannheim ist eine UNESCO Musikstadt und sie haben kein Problem das nach außen zu zeigen und das ist auch gut so. Denn wenn die UNESCO, sagt dass eine Stadt wichtig für die Musik ist - und eine UNESCO Auszeichnung ist für eine Stadt attraktiv - dann glaub ich, dass Städte, die heute keine Musikstädte sind, morgen welche sein können.