2018-02-19

#rp18-Speaker Trebor Scholz über Plattform-Kooperativismus und digitale Arbeit 



Scientist and activist Trebor Scholz; photo credit: Michael Nagle

Scientist and activist Trebor Scholz; photo credit: Michael Nagle

Wissenschaftler und Aktivist Trebor Scholz ist ein alter re:publica-Bekannter und wird in diesem Jahr im Rahmen von “We Can Work It Out” über die Möglichkeiten sprechen, gegenwärtige und zukünftige Arbeitswelten wieder zu angenehmeren Szenarien zu machen. In seiner Keynote "Equitable Pioneers for the Digital Economy" beschäftigt er sich mit Mitarbeiterunternehmen als vielversprechende ökonomische Alternative in der Digitalwirtschaft. 

“Stellt die Menschen in den Mittelpunkt des digitalen Arbeitsmarktes und verwandelt Profite in sozialen Gewinn!”, schreibt Trebor Scholz in seinem Aufsatz zum Plattform-Kooperativismus.  Im Jahr 2009 begann Scholz, die ‘Digital Labour Conferences’ an der New School in New York zu organisieren. Seine Ansätze bündelte er in seinem Buch “Uber-Worked and Underpaid” (2016) zu einer Analyse der Herausforderungen digitaler Arbeit, in der er auch das Konzept des Plattform-Kooperativismus einführte. Momentan gehören etwa sieben Prozent der arbeitenden Weltbevölkerung als Selbstständige der Gig-Economy an. Die Tendenz ist steigend und abhängig davon, wie Netzwerk- und andere Effekte sich austarieren und wie erfolgreich Tarifbindungen noch sind. 

Kämpferisch tritt Scholz für die Rechte von ArbeitnehmerInnen jenseits der klassischen Erwerbsbiografien ein. Damit bewegt er sich zwischen den Ideen der linken Theoretikerinnen Hannah Arendt und Rosa Luxemburg. Solidarität und demokratische Mitbestimmung sind Kern seiner Vision zukünftiger Arbeit. Open Source und Blockchain, sowie kollektives und kommunitäres Eigentum sieht er als mögliche Antworten auf Selbstausbeutung und Isolation in der Sharing Economy an. Er denkt damit das Prinzip der Genossenschaften und Gewerkschaften im Digitalen. 
 
Trebor Scholz geht Probleme an, die nicht an Landesgrenzen haltmachen. Durch flächendeckenden Internetzugang ist es inzwischen egal, wo sich Freelancer oder Gig-Worker aufhalten, beziehungsweise wo ArbeitgeberInnen ihre Aufgaben erledigen lassen. Die Konzepte der “Sharing Economy” sind weltweit übertragbar. Die Gefahr, dass sich dieses System festsetzt und alternativlos wird, hat dementsprechend weitreichende Auswirkungen. Wenn staatliche Regulierungen weiter fallen, kann Uber in New York genauso Fahrten vermitteln wie in Bangkok oder Berlin. Und ob die von Amazons “Mechanical Turk” angeheuerten Clickworker in Bangladesch oder Bulgarien sitzen, ist dem jeweiligen Auftraggeber meist auch egal. Das System funktioniert überall gleich: Sämtliche Leistungen, für die traditionell der Arbeitgeber zuständig war, werden nun an (schein-)selbstständige Click- und CrowdarbeiterInnen übertragen. 

Bezahlter Urlaub, Krankheitstage, festes Einkommen? Fehlanzeige! Deshalb muss Arbeitnehmerschutz international gedacht werden. Der globalen Konkurrenz aller gegen aller setzt Trebor ein System empathischer Kooperation von ArbeitnehmerInnen entgegen. Er und weitere VertreterInnen des Plattform-Kooperativismus sind der Überzeugung, dass wir uns in einem begrenzten Zeitfenster befinden. Noch haben wir die Möglichkeit selbst aktiv zu werden, um ein digitales Wirtschaftssystem aufzubauen, das den Wert der Arbeit wieder schätzt. 

Wir wollen keine unterbezahlten ClickfarmerInnen sein! Aber gelingt es uns, den Global Playern mit Solidarität und Engagement für selbstbestimmtes Arbeiten entgegenzutreten? Wer, wenn nicht Trebor Scholz weiß Rat? 

Twitter: @TreborS

Webseite: platform.coop
New School: newschool.edu/lang/faculty/Trebor-Scholz/

Wissenschaftsjahr 2018 – Arbeitswelten der Zukunft

Das Wissenschaftsjahr 2018 widmet sich dem Thema Arbeitswelten der Zukunft. Durch die Digitalisierung, alternative Arbeitsmodelle und die Entwicklung künstlicher Intelligenz stehen Forschung und Zivilgesellschaft vor neuen Chancen und Herausforderungen: Wie werden die Menschen in Zukunft arbeiten? Wie machen sie sich fit dafür? Und welche Rolle spielen Wissenschaft und Forschung bei der Gestaltung eben dieser neuen Arbeitswelten? Das Wissenschaftsjahr 2018 zeigt, welchen Einfluss technische und soziale Innovationen auf die Arbeit von morgen haben – und wie diese nicht nur den Arbeitsalltag verändern, sondern auch neue Maßstäbe im gesellschaftspolitischen Dialog setzen. "Erleben. Erlernen. Gestalten." – unter diesem Motto werden Bürgerinnen und Bürger im Wissenschaftsjahr 2018 dazu aufgerufen mit zu machen, neue Fragen zu stellen und gemeinsam Lösungsansätze zu finden.

Die Wissenschaftsjahre sind eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit Wissenschaft im Dialog (WiD). Sie tragen als zentrales Instrument der Wissenschaftskommunikation Forschung in die Öffentlichkeit und unterstützen den Dialog zwischen Forschung und Gesellschaft. 

Wissenschaftsjahr 2018 - BMBF

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